Die Prinzessin
Ich hätte sicher mehr Bequemlichkeiten haben können, wenn ich gewollt hätte. Doch ich verlor das Interesse an dieser Art von Leben. Ich folgte endlich dem Ruf des Waldes und streifte in den Winternächten allein zwischen den Bäumen umher. Dem immer stärkeren Verlangen meines Innersten gehorchend ließ ich mich auf Hände und Knie herab und ließ die Veränderung vollkommen werden. Vom Menschen zum Tier. Nun endlich war ich ganz ich selbst.
Der Wolf
„Ich bin nur ein Helfer im Kloster. Ich habe kein eigenes Geld.“ Unwillkürlich glitt Guillaumes Blick dahin, wo der Cellerar jetzt wieder um Waren feilschte. Die Augen des Gauklers folgten seinen. Das Lächeln wurde fast noch breiter, seine Zähne blitzten zwischen schön geschwungenen Lippen.
„Du musst dem Alten da das Zeug hinterher tragen?“
Guillaume fürchtete, er werde gleich weitergehen.
„Ich könnte euch etwas aus der Speisekammer bringen“, sagte er schnell, „wenn es mir gelingt, mich wegzuschleichen. Seid ihr Morgen noch hier?“
„Noch einige Tage.“
Da war ein Wunsch zwischen ihnen. Er schwebte auf dem Lächeln des Gauklers zu Guillaume.
Der Welpe
„Ich habe es nicht geraten. Ich sehe so etwas. Ich weiß fast immer, was Leute als nächstes sagen werden. Es steht ihnen ins Gesicht geschrieben.“ Ray überlegt kurz. „Oder … ich weiß nicht. Ich glaube jedenfalls, ich sehe es ihnen an. Ich weiß eigentlich nicht, wie ich es mache, aber ich durchschaue sie.“
Der Sitzsack knistert, als Yunis darin herum rutscht. Ray schaut ihn an und sagt: „Du glaubst nicht, dass ich angebe. Aber wenn ich es nicht tue, dann ist es unangenehm.“
Yunis sieht für einen Augenblick aus, als wolle er „erwischt“ sagen. Sein schiefes Grinsen verrutscht ein wenig. Ray lehnt sich vor.
„Ich habe das noch nie jemandem gesagt, nicht mal meiner Schwester.“
Unwillkürlicher Stolz drängt sich in Yunis‘ Unsicherheit. „Solltest pokern“, sagt er und lacht kurz und kieksend auf.
Die Jägerinnen
Sie machte sich bereit, den Schal mit der Linken herunter zu reißen, während die Rechte den Dolch führte. Es musste schnell gehen. Nicht, dass sie von dem Kind Widerstand erwartete. Doch sie wollte nicht Zeit haben, sich zu bedenken. Ein Kind. Heranwachsend zu einer Bestie. Sie musste an die Bestie denken, um ihr Werk vollenden zu können, an struppiges Fell und fletschende Zähne. An all die Geschichten, die ihre Mutter ihr erzählt hatte, von zerfetzten Körpern, von aufgerissenen Kehlen und ausgeweideten Leibern.